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  • Infobrief 11/25

Das aktuelle Urteil – Videoüberwachung bitte nicht so!

Ein aktuelles Berufungsurteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 28.05.2025, 18, Aktenzeichen 18 SLa 959/24, gibt Anlass sich wieder einmal mit dem Thema Videoüberwachung in Unternehmen zu beschäftigen.

Der Kläger war Mitarbeiter des beklagten Unternehmens und im Bereich der Produktion tätig. Wie allgemein durchaus üblich war der Betrieb videoüberwacht. Die Überwachung beschränkte sich aber nicht nur auf die Eingangsbereiche und Zugänge zum Betrieb, sondern auch der Arbeitsplatz des klagenden Mitarbeiters wurde permanent durch eine Kamera „live gefilmt“ und für mindestens 48 Stunden aufgezeichnet. Insgesamt wurde der Kläger über einen Zeitraum von 22 Monaten, arbeitstäglich „dauerüberwacht“.

Innerhalb der Produktionshalle, des Lagers sowie der Büroräume befanden sich 34 Videokameras. Außerhalb der Pausen-, Umkleide- und Sanitärräume gab es laut Feststellung des Gerichts in der Betriebshalle praktisch keinen Raum, in den der Kläger sich zum Schutze vor der Kameraüberwachung hätte zurückziehen können.

Der Mitarbeiter war der Auffassung, dass die Kameraüberwachung rechtswidrig sei und klagte auf Zahlung eines Schmerzensgeldes. Er trug unter anderem vor, dass er seit Monaten unter einem Leistungsdruck leide, der unerträglich sei. Er wisse nicht, ob und wann jede einzelne seiner Handlungen beobachtet und aufgezeichnet werde. Dem Kläger sei auch nicht bekannt, wer ihn beobachte, wer Zugriff auf die Videospeicherung habe und was mit den Bilddaten geschehe.

Erstinstanzlich wurde dem Kläger wegen rechtswidriger Videoüberwachung ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro zugesprochen, was die Berufungsinstanz des LAG Hamm bestätigt hat.

Dabei wurde eine rechtswidrige, schuldhafte und besonders schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers angenommen, so dass hier eine erhebliche Geldentschädigung als angemessen angesehen wurde. So habe sich die Beklagte, so das Gericht „in eklatanter Weise über die Vorgaben des Datenschutzrechts hinweggesetzt“.

Der Arbeitgeber hatte im Prozess eine Vielzahl von Gründen genannt warum die Kameraüberwachung erforderlich war, konnte damit aber nicht durchdringen. Genannt wurden u.a., dass die Kameraüberwachung der Verhinderung von Straftaten in Form von Diebstahl und Vandalismus diene. Zudem der Arbeitssicherheit in der Produktion, im Lager, im Ladebereich und auf dem unübersichtlichen Außengelände. Außerdem könnten Arbeitsunfälle und Manipulationen mit Hilfe der Videoaufzeichnungen ausgewertet und daraus Sicherheitsmaßnahmen für die Zukunft abgeleitet werden.

Die vorgenannten Gründe sind für sich genommen durchaus nachvollziehbar und können zumindest grundsätzlich eine Videoüberwachung rechtfertigen. Sie konnten aber im aktuellen Fall nicht berücksichtigt werden, denn der Arbeitgeber konnte nicht belegen, dass die von ihm genannten Gründe konkret eine Videoüberwachung des Arbeitsplatzes des Mitarbeiters erforderlich machten. Das Gericht stellte vielmehr fest, dass eine Überwachung des Eingangs- und Außenbereichs als gefahrabwendende Maßnahme zureichend gewesen wäre.

Bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Videoüberwachung oder auch anderen Maßnahmen in Bezug auf das Arbeitnehmerdatenschutzrecht geht es um die sogenannte Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Danach muss die Videoüberwachung geeignet und erforderlich sein zudem müssen die Interessen des Unternehmens an einer Überwachung und die Interessen der Mitarbeiter möglichst nicht in den Fokus einer Kamera zu geraten gegeneinander abgewogen werden. Insbesondere sind mildere Mittel, die den Zweck ebenso gut erreichen können, zu berücksichtigen.

Hier war die Maßnahme bereits nicht geeignet den legitimen Zweck, den man verfolgt hat, zu erreichen.

Was sollte man aus dem Urteil mitnehmen?

Zunächst ist die permanente Überwachung eines Bereiches in dem auch Mitarbeiter permanent tätig sind in Bezug auf deren Persönlichkeitsrechte besonders eingriffsintensiv und eine schwerwiegende Maßnahme. Es entspricht, wie auch das Gericht noch einmal betont hat „allgemeiner Lebenserfahrung“ das dadurch ein extrem hoher Anpassungsdruck oder auch Überwachungsdruck ausgelöst wird. Das kann übrigens grundsätzlich auch bei Kameraatrappen der Fall sein.

Eine solche Maßnahme sollte nur ausnahmsweise und nur dann getroffen werden, wenn es hierfür nachvollziehbare und besonders gewichtige Gründe im Sinne einer konkreten Gefährdungslage gibt, die speziell den überwachten Bereich betreffen. Dieser Gefährdungslage sollte nicht anderweitig durch weniger schwerwiegende Maßnahmen, wie einer permanenten Videoüberwachung begegnet werden können. Die Gründe sind nachvollziehbar zu dokumentieren und die betreffenden Mitarbeiter transparent über die Maßnahme zu informieren.

Im vorliegenden Fall lagen offensichtlich keine ausreichenden Gründe vor, die eine solche Maßnahme rechtfertigen konnten.

Auch was eine Videoüberwachung angeht, die sich auf die Zugänge und Außenbereiche oder auf bestimmte Teile von Gebäuden, die nur zeitweise von Mitarbeitern oder sonstigen Dritten z.B. Lieferanten frequentiert werden beschränkt, muss die Videoüberwachung stets einer genauen Prüfung unterzogen werden. Die Aufstellung einer Kamera bedarf zunächst eines legitimen Zweckes wobei dieser Zweck nicht rein spekulativ oder abstrakt sein sollte. Er sollte auf Tatsachen, beispielsweise einer konkreten Gefährdungslage, beruhen. Hier kommen insbesondere bereits bekannte Sicherheitsvorfälle aus der Vergangenheit als Rechtfertigung in Betracht.

In Bezug auf die angesprochene Verhältnismäßigkeit ist stets zu prüfen, ob nicht mildere Mittel wie Sicherheitsschlösser, Umzäunungen etc. gleich effektiv oder sogar effektiver sein können. Sollte man eine Videoüberwachung für erforderlich halten gibt es immer noch diverse Punkte zu beachten. Hierzu zählen z.B. ob die Kameraanlage schwenk- oder zoomfähig sind, ob lediglich Live-Bilder erzeugt werden oder zusätzlich eine Speicherung erfolgt. Letztere sollten zumindest nach Auffassung der Datenschutzbehörden eine Frist von 72 Stunden nicht überschreiten, es sei denn die weitere Speicherung ist z.B. aufgrund des Nachweises von konkreten Straftaten notwendig. Ein Dauerbrenner ist auch der erfasste Bereich, selbstverständlich dürfen keine Bereiche außerhalb des Betriebsgeländes z.B. Bürgersteige an denen „Unbeteiligte“ vorbeigehen, erfasst werden. Zudem sind angemessene technische und organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Kameraufzeichnungen einschließlich restriktiver Zugriffsberechtigungen auf das Bildmaterial vorzusehen. Die Videoüberwachung ist entsprechend in einem Verarbeitungsverzeichnis zu dokumentieren einschließlich der maßgebenden Gründe und der Interessenabwägung, welche eine solche rechtfertigen. Darüber hinaus sind die Mitarbeiter und sonstigen Betroffenen nach der DSGVO transparent zu informieren einschließlich entsprechender Hinweisschilder. Unternehmen, die einen Betriebsrat haben müssen dessen Mitbestimmungsrechte beachten.

Abschließend noch der wichtige Hinweis, dass die Videoüberwachung in den Unternehmen mit dem Datenschutzbeauftragten besprochen und abgestimmt werden sollte. Das Thema wird aufgrund seiner Sensibilität durch die GINDAT auch regelmäßig in den Jahresberichten angesprochen.

Auch das Landesarbeitsgericht Hamm hatte dieses Thema erkannt und in dem Urteil dem betroffenen Unternehmen zusätzlich den Vorwurf gemacht, dass sie sich nicht datenschutzrechtlich habe beraten lassen, was für die Zukunft geplant war. Der Datenschutzbeauftragte hätte voraussichtlich das Unternehmen darauf hingewiesen, dass die konkret beanstandete Videoüberwachung besser nicht oder zumindest nicht mehr durchgeführt werden sollte und sein Kunde hätte dadurch erhebliche Kosten (Schmerzensgelt, Anwalts- und Gerichtskosten) und Ärger sparen können. Hinzu kommt, dass die Landesdatenschutzbehörden in derartigen Fällen ebenfalls tätig werden können und berechtigt sind ebenfalls Bußgelder zu verhängen. Von daher kann nur angeraten werden das Thema Videoüberwachung mit besonderer Aufmerksamkeit zu begegnen und den Rat des Datenschutzbeauftragten einzuholen.

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