Stell dir vor, du betreibst eine Zahnarztpraxis, und plötzlich ruft ein Unternehmen an, das dir Edelmetalle abkaufen will – einfach so, ohne dass du je Interesse signalisiert hast. Genau um solche ungebetenen Werbeanrufe ging es in einem Fall, den das Bundesverwaltungsgericht Anfang 2025 verhandelte. Die zentrale Frage: Dürfen Firmen einfach auf öffentlich zugängliche Telefonnummern zugreifen und potenzielle Geschäftspartner direkt anrufen?
Ein Unternehmen, das gebrauchte Edelmetalle aus Zahnarztpraxen aufkauft, hatte genau das getan: Es griff auf Branchenverzeichnisse wie die Gelben Seiten zurück, sammelte Nummern und startete Telefonkampagnen. Die zuständige Datenschutzbehörde im Saarland hatte das schon 2017 unterbunden – ohne Einwilligung der Betroffenen sei das ein klarer Verstoß gegen geltende Datenschutzbestimmungen. Die Firma jedoch hoffte mit der Einführung der DSGVO auf eine neue rechtliche Grundlage: das sogenannte "berechtigte Interesse" aus Artikel 6. Doch sowohl das Verwaltungsgericht als auch später das Bundesverwaltungsgericht machten klar: Das allein reicht nicht.
Der Knackpunkt liegt im Zusammenspiel von Datenschutzrecht und Wettbewerbsrecht. Zwar kann in bestimmten B2B-Szenarien ein Telefonanruf ohne vorherige Einwilligung erlaubt sein – etwa wenn davon auszugehen ist, dass ein echtes geschäftliches Interesse besteht. Doch das Gericht sah im vorliegenden Fall kein typisches oder wesentliches Interesse seitens der Arztpraxen am Edelmetallverkauf. Damit lag keine „mutmaßliche Einwilligung“ vor – und der Anruf war rechtlich unzulässig.
Auch der ursprüngliche Zweck, warum Telefonnummern öffentlich gemacht wurden – nämlich zur medizinischen Kontaktaufnahme – spielte eine Rolle. Die spätere Nutzung zu Werbezwecken stellt eine Zweckentfremdung dar, die laut DSGVO ohne ausdrückliche Zustimmung nicht erlaubt ist.
Unterm Strich bedeutet das: Wer im B2B-Bereich kalt telefonieren will, muss sehr genau prüfen, ob das rechtlich haltbar ist. Ohne eine klare Einwilligung oder ein offensichtlich berechtigtes Interesse droht die Einordnung als unzumutbare Belästigung – und damit rechtlicher Ärger. Am sichersten fährt man also auch im Geschäftsbereich mit einer vorherigen Zustimmung – und spart sich so kostspielige Verfahren und Abmahnungen.
Quelle: https://www.datenschutz-notizen.de